Jano
Geburtsbericht von Jano – 30. Mai 2022 – 52 cm, 3200g
Es war Sonntag, der 29.Mai- ein schöner Sommertag, die Sonne schien, erwärmte die Haut und
erfrischte den Geist. Dennoch fühlte ich mich müde und ausgelaugt. Die letzten Nächte, die gefüllt waren von stundenlangen Wehen, die mich nicht schlafen ließen, aber dennoch immer wieder erloschen, forderten langsam ihren Tribut. Mein Kopf schmerzte und nach kaum etwas sehnte ich mich mehr, als nach einer ordentlichen Portion Ruhe und Schlaf. Mein Mann spürte dies, schnappte sich die Große und verbrachte den ganzen Tag mit ihr. Zufrieden kuschelte ich mich also wieder in meine Decke, hörte eine Meditation, die mich auf die Geburt vorbereiten sollte und dachte über die vergangenen Monate nach.
Nicht mehr lang und dieser kleine Mensch würde unser Leben ein zweites Mal auf den Kopf stellen und unsere Tochter zur großen Schwester machen. Wie sie es wohl annehmen würde, nicht mehr alleine im Mittelpunkt zu stehen? Aber schnell wischte ich alle Zweifel beiseite - es wird alles so werden, wie es sein soll – und zwar wundervoll!
Ich freue mich sehr auf die Geburt, darauf dieses einzigartige, kraftvolle Ereignis erneut erleben zu dürfen. Und dieses Mal sogar zu Hause, an meinem Lieblingsort mit meinen Lieblingsmenschen! „Hey Kleiner, ich bin bereit, wenn du es bist“, flüsterte ich leise in meinen Bauch. Dann wanderten meine Gedanken ab in die Welt der Träume.
Als ich wieder erwachte, fühlte ich mich deutlich erfrischt! Und oh – war das etwa wieder eine leichte Wehe? Dieses Gefühl war durchaus nicht ungewöhnliches, hatte ich diese Wehen in den letzten Tage schon mehrmals und auch schon deutlich intensiver wahrgenommen. Den ganzen Tag im Bett verbringen wollte ich nicht und so entschied ich mich dafür, einen Spaziergang durch die Nachbarschaft zu machen. Unterwegs stachen die mir schöne Sommerblumen in die Augen und so pflückte ich noch einen kleinen Geburtstagsstrauß. Ganz intuitiv wusste ich, es würde nicht mehr lange dauern. Die Wehen kamen und gingen. Zwischendurch schaute ich auf die Uhr – 7 Minuten, 5 Minuten, 4 Minuten, 8 Minuten,…
Wieder zu Hause fiel mein Blick auf die leicht staubigen Fenster, die ich zwar erst vor zwei Wochen zuletzt geputzt hatte, aber hey, warum nicht? Also fing ich doch tatsächlich ganz klischeehaft noch einmal an meine Fenster auf Hochglanz zu bringen.
Beim Abendessen saß ich mit meinem Mann und meiner Tochter am Tisch und das Sitzen wurde
schon deutlich unangenehmer und sobald ich nach der Einschlafbegleitung der Großen das Zimmer wieder verlassen konnte und ich meine Bewegungsfreiheit wieder hatte, wurde es schlagartig angenehmer. „Ob das Baby wohl heute Nacht kommt?“, fragte ich meinen Mann, der es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht hatte. „Vielleicht.“
Wir entschieden uns gegen 23 Uhr es trotzdem noch einmal mit Schlafen zu probieren. Schließlich wollte ich nicht bereits übernächtigt in die Geburt starten. Im Bett malte ich mir ein letztes Mal meine Traumgeburt aus: Am Morgen sollte es sein, im Geburtspool im Wohnzimmer, an der Seite meine Hebamme Anna und mein Mann, selbstbestimmt und wunderschön…
Ich schaute auf die Leuchtzahlen des Weckers – 0:32 Uhr. Ich konnte nicht mehr schlafen. Die Wehen kamen häufiger und wurden etwas kräftiger. Also zog ich um ins Wohnzimmer und drehte dort meine Kreise. Das kleine Körbchen mit Snacks, das wir für die Geburt vorbereitet hatten, die nötigen Unterlagen und meine Affirmationskarten legte ich bereit. Um 1:30 Uhr legte ich mich doch wieder ins Bett… um eine Stunde später wieder aufzustehen. Die Wehen kamen nun alle 5-7 Minuten. Um 3:30 Uhr entschied mein Mann sich dafür den Geburtspool, den Anna netterweise schon bei uns deponiert hatte, aus dem Keller zu holen und aufzublasen. Plötzlich stand allerdings unsere Tochter im Wohnzimmer und alle Versuche meines Mannes sie wieder ins Bett zu kriegen scheiterten, sodass Mama also doch wieder mit ins Bett musste. Meine Wehen verschwanden wieder komplett (Ist der Körper nicht verrückt?) und ich schlief zusammen mit meinem Mädchen wieder ein.
6.15 Uhr – „Huch, es geht weiter“, denke ich mir, als ich unsanft von einer relativ starken Wehe
geweckt werde. Ich weckte meinen Mann und wir schmiedeten einen Plan für unser weiteres
Vorgehen. Um 7.00 Uhr warnten wir Anna vor, dass wir sie vermutlich bald brauchen würden. Etwa eine Stunde später wachte die Große auf, die kurz darauf von ihrem Opa abgeholt wurde und vor der ich meine regelmäßigen Wehen während des Fertigmachens tatsächlich gut verbergen konnte.
Sobald sie unterwegs war, konnte ich mich endlich vollkommen auf die bevorstehende Geburt
konzentrieren. „Ich glaube, Anna kann sich jetzt auf den Weg machen“, sagte ich in einer
Wehenpause zu meinem Mann. Die Wehen kamen jetzt alle 4-5 Minuten – es ist ca. 8:30 Uhr. Anna machte sich direkt auf den Weg. Ich wanderte währenddessen weiter durch die Wohnung, hielt mich während der Wehen am Hals meines Mannes oder der Tischkante fest und stellte mir vor, wie sich der Muttermund, wie eine wunderschöne große Blume, öffnete. Mein Mann legte mir ein warmes Körnernissen auf den Steiß – das tat gut! Ich konzentrierte mich darauf, loszulassen und mich nicht zu verkrampfen. Ich kam in meinen Flow und wirkliche Schmerzen hatte ich nicht, spürte lediglich die Kraft, die meinen Körper auf die Geburt vorbereitete und umarmte sie.
Um kurz vor neun stand Anna schon auf dem Parkplatz und kam über die Terrassentür ins
abgedunkelte Wohnzimmer. Sie setzte sich auf den Boden, breitete ihre Sachen aus und schaute uns zu. Noch einmal schlich sich der Gedanke bei mir ein, dass es sich doch um einen Fehlalarm handeln könnte und die Wehen vielleicht wieder verschwinden würden. Hoffentlich war Anna jetzt nicht umsonst zu uns gekommen. In einer Wehenpause fragte Anna, ob sie nach den Herztönen des Babys hören dürfte – natürlich! Dem Baby ging es gut, auch während der Wehen. Einige Minuten später merke ich das dringende Bedürfnis ein wenig meines Mageninhalts loswerden zu wollen: „Schnell, eine Schüssel!“. Erst jetzt war ich mir langsam sicher, dass es sich um keinen Fehlalarm handelte und äußerte den Wunsch nun in den Geburtspool steigen zu wollen. Schnell ließen Anna und Frank noch mehr warmes Wasser in den Pool (ein wenig war schon drin, sonst hätte es auch zu lange gedauert…). Das warme Wasser tat unfassbar gut! Gerade überlegte ich, welche Position sich wohl am besten anfühlen würde, da kam die nächste Wehe, die definitiv die stärkste, der bisher erfahrenen war. Nun bat ich Anna nach dem Muttermund zu tasten, ich wollte gerade sagen, dass ich das Ergebnis nicht wissen möchte, wenn es weniger als 3cm seien, da sagte sie: „7-8cm, wenn du Pressen musst, dann kannst du.“ Damit hatte ich nicht wirklich gerechnet.
Anna kümmerte sich darum, die bereitgelegten Handtücher fürs Baby im Ofen vorzuwärmen und
während sie alles vorbereitete, platze in einer nächsten starken Wehe die Fruchtblase (9.52 Uhr). Ich realisierte, dass das Fruchtwasser leicht grünlich war, machte mir diesbezüglich aber keine Sorgen, ich wusste, alles würde gut werden. Auch Anna blieb ganz ruhig und hörte nach den Herztönen. Nun ging alles ganz schnell. Mein Körper übernahm vollkommen die Kontrolle und eine Urkraft durchdrang mich (anders kann ich es nicht beschreiben) und Jano schwamm um 9:57 Uhr in unsere Arme. „Hallo Baby“, flüsterte ich ihm zu. Er war ganz ruhig und schaute sich ein wenig um.
Wir genossen noch einige Minuten im warmen Wasser. Leise Musik spielte im Hintergund und ich
konnte den Geburtstagsstrauß auf der Fensterbank stehen sehen. Wir unterhielten uns mit Anna
über diese verrückte schnelle Geburt bis in einer weiteren Wehe auch die Plazenta im Wasser
geboren wurde.
Nach einer Weile half Anna uns hinüber ins Bett. Mir ging es wunderbar! Okay, abgesehen von den Nachwehen, aber auch diese haben wohl ihre Daseinsberechtigung…
Jano war kerngesund und auch ich hatte keinerlei Geburtsverletzungen von unserer Geburtsreise
davongetragen. Ich bin Anna unendlich dankbar dafür, dass sie uns diese Traumgeburt ermöglicht hat und uns stets fürsorglich, herzlich und kompetent zur Seite stand. Es ist mir ein echter Herzenswunsch, dass jede Frau so gebären kann, wie sie es möchte und erlebt, welch unfassbares Geschenk es ist, selbstbestimmte Geburten erleben zu dürfen